ein Mosaikstein
in der Motorradgeschichte
1979 wurde von der OMK
(Oberste Motorsport Kommission) in Deutschland eine Motocross-Pokal-Serie
eingeführt, die für den Nachwuchs ab 14 Jahre gedacht
war. (Motocross war damals erst ab 16 Jahre möglich.) Bereits
1978 wurden 2 Probeläufe in Bauschheim und Radevormwald durchgeführt,
bei denen jeweils die Plätze 1 bis 6 an KVV MC's gingen. Der
Grundstein für einen erfolgreichen Verkauf der Fahrzeuge war
eigentlich gelegt.
Die Beteiligten
Die beteiligten Firmen
des Folgenden waren mit der damaligen Anschrift:
Kreidler - Van Veen
Sport GmbH, Industriestraße, 3828 Duderstadt (Kreidler-Van
Veen)
und
BS motor Fahrzeughandels
GmbH, Hans-Urmiller-Straße, 8190 Wolfratshausen (BS motor).
Die
technische Entwicklung der Umbauten wurde von meinem damaligen
Kompagnion Rupert Baindl realisiert.
Start mit Problemen
1978
Den Händlervertrag der Kreidler-Van Veen Sport
GmbH in Duderstadt unterzeichnete BS motor am 24.9.1978. Kreidler-Van
Veen beabsichtigte damals ihr in Motocross-Rennen sehr erfolgreiches
Modell MC 50 auch für den GS-Sport zu bauen und eine Straßenzulassung
zu erwirken. Bei den 50ccm-Cross-Rennen war die KVV MC50 das dominierende
Fahrzeug, sowohl zahlenmäßig, als auch in technischer
Hinsicht.
Im Händlervertrag wurde für unser Gebiet
für 1978/1979 eine von Lieferantenseite sehr optimistische
Abnahmezahl von 10 Fahrzeugen festgelegt. Diese konnte jedoch nie
geliefert werden.
Die MC 50 wurde in den Versionen „Junior“ bis Anfang
1979 und dann als „Profi“ ausgeliefert. Die MC-Junior hatte einen
Verkaufspreis von 3.760 DM, die MC-Profi 3.950 DM incl. 12 % MWSt.. Technische
Unterschiede siehe Technische
Daten. Die GS50 sollte nach der 1. Liefertermin-Verschiebung
bis Januar 1979 zum Preis von 4.135 DM (plus 84 DM Fracht) auf
den Markt kommen.
Verhältnismäßig schnell hatten wir
ein Fahrzeuge verkauft (Kunde W.: 21.10.1978). Die KVV GS 50 war
damals das Fahrzeug. Kunde W. fuhr zu diesem Zeitpunkt eine
Hercules Ultra LC. LC stand für liquid cooled (flüssigkeitsgekühlt)
– hieß im Volksmund jedoch spöttisch „likörgekühlt“.
Dieses Modell war zur damaligen Zei für die Jungend das angesagte
Straßen-Kleinkraftrad, da Kreidler und Zündapp nur „Luftgekühlte“
im Programm hatten.
Jedoch Kreidler-Van Veen
lieferte nicht. Wegen technischer Probleme (die man uns nicht nennen
wollte) wurde die Auslieferung der KVV GS 50-Fahrzeuge immer wieder
verschoben.
1979
Im April 1979 mußten wir handeln und stellten
erst einmal unsere Werbeaktivitäten ein, um nicht in Schwierigkeiten
mit den potenziellen Kunden zu kommen. Wir hatten unser Geschäft
gerade eine Saison und zwei Winter. Unser so viel versprechendes
Standbein begann zu bröckeln. Das Interesse an den Fahrzeugen
war bei den Kunden groß, aber wir wagten nicht mehr
Kaufverträge zu schreiben. Im Januar mußten wir ein
bereits an einen Kunden verkauftes Fahrzeug bei Kreidler-Van Veen
stornieren. Der Kunde wollte GS-Wettbewerbe fahren. Da der Liefertermin
nicht abzusehen war und er mit dem Training für die Saison
beginnen wollte, ohne Fahrzeug aber nicht konnte, trat er vom Kaufvertrag
zurück.
Um nicht weitere Stornierungen zu erhalten, einigten
wir uns in der Not mit Kreidler-Van Veen, daß wir zwei Fahrzeuge
vorab bekommen sollten um die TÜV-Abnahme mit den von Duderstadt
gestellten Unterlagen selbst zu machen.
Für das erste Fahrzeug war jedoch noch kein
GS-Rahmen verfügbar. Wir erhielten eine Motocross- Ausführung
und die Rahmenverlängerung (für die 2-Mann-Sitzbank)
sowie die für die Straßenzulassung notwendigen Teile,
bauten das Fahrzeug selbst um und brachten es durch den TÜV.
Der Kunde war hoch zufrieden. Wir hatten das Problem zwar gelöst,
aber auch gehörig drauf gezahlt.
Das 2. Fahrzeug war vom Rahmen zwar schon eine GS,
hatte aber noch keine Papiere. Außerdem war noch der weiße
Prototyp-Plastiktank montiert. Mit der TÜV-Auflage, umgehend
den Blechtank nachzurüsten, erhielten wir nach mehreren Klein-Änderungen
auch hier die Papiere. Es waren endlich die ersten beiden Maschinen
ausgeliefert.
Unsere Freude hielt sich jedoch in Grenzen. Die
Fahrzeuge wurden von den Kunden zurückgebracht. Entweder sprangen
die GS 50 nicht oder sehr schlecht an, oder sie liefen nach ein
paar hundert Metern Fahrt nur noch mit ca. 30 – 40 km/h. Dies war
auch wetterabhängig. Daraufhin experimentierten wir u. a.
mit anderer Bedüsung – keine nachvollziehbare Besserung. Mal
lief der Motor zufriedenstellend, mal nicht.
Allmählich war das „geheime“ Problem in Duderstadt
zu erraten. Auch dort konnte man dem Motor mit dem 28er Bing-Vergaser
einfach keine zufriedenstellenden Laufeigenschaften beibringen.
In der Moto-Cross-Version lief der Motor mit diesem Vergaser ohne
Probleme. Den zu lauten Ansaug wollte aber der TÜV nicht genehmigen.
Also wurde in Duderstadt ein Luftfilterkasten gebaut. Mit diesem
war der Motor jedoch zu keinen Drehzahlen zu bewegen. Nach langen
Versuchen entdeckten wir den Fehler: Der Filterkasten (Beruhigungskammer)
war zu klein. Die Luft wurde zu sehr im Kasten verwirbelt.
Wir fertigten einen neuen Luftfilterkasten an. Unsere
beiden Kunden erprobten ihn ausgiebig. Wir hatten keine Beanstandungen
mehr.
Erfreut von diesem Ergebnis sandten wir ein Exemplar
nach Duderstadt und forderten die Technik auf, einen anderen Luftfilterkasten
zu verbauen und endlich die Fahrzeuge auszuliefern.
Zwischenzeitlich erfuhren wir, daß die anderen
von Kreidler-Van Veen bis dahin ausgelieferten Fahrzeuge auch nicht
liefen und es massiven Ärger mit den Kunden und Händlern
gab. Eine weitere Auslieferung wurde gestoppt.
Wir hatten – wider besseren Wissens – im Oktober
1979 noch einmal ein Fahrzeug verkauft. Wir schilderten dem Kunden
das Problem. und einigten uns, daß wir noch einmal eine Motocross-Ausführung
auf GS umbauten. Dies geschah dann auch und am 29.11.1979 lieferten
wir auch dieses Fahrzeug aus. Die Saison war inzwischen vorbei.
Am 8. November 1979 erhielt Kreidler-Van Veen in
Duderstadt endlich auch für die Serie den TÜV-Segen für
die GS 50.
In Duderstadt: Statt nun unseren bewährten
Luftfilterkasten zu nehmen oder einen eigenen auf der Basis unserer
Angaben zu konstruieren, wurde in eine ganz andere Richtung experimentiert.
Das Ergebnis war, daß die Fahrzeuge mit einem 21er-Bing-Vergaser
aus der Kreidler RS ausgeliefert wurden. Die Fahrzeuge liefen zwar
nun, hatten aber nicht mehr die Endleistung. Diese Version wurde
dann ausgeliefert. Es wurde scheinbar jedesmal der bereits montierte
28er Bing aus dem Fahrzeug demontiert und dafür der 21er montiert.
Da dies nicht mehr den Prospektangaben entsprach,
lieferte Kreidler-Van Veen auf unsere Intervention (zumindest an
uns) kostenlos den 28er Bing mit. Wir stellten uns darauf ein,
unsere Eigenbau-Luftfilter weiter produzieren zu müssen und
wenigstens unsere Fahrzeuge mit dem 28er aus zu liefern.
Bis Ende 1979 lieferte BS motor aufgrund vorstehender
Probleme nur drei KVV GS 50 an Kunden aus. Das x-fache wäre
möglich gewesen.
Da die Einzelanfertigung der Luftfiltergehäuse
zu aufwendig war, sannen wir nach Abhilfe des Prolems. Die war
auch bald gefunden.
Wachsende Probleme und das Aus für
Kreidler - Van Veen 1980
Inzwischen schrieb man das Jahr 1980. Die
von den Deutschen erfundenen 80er hingen als Damoklesschwert über der
50er-Szene. Und siehe da, Kreidler in Kornwestheim baute in ihre neuen Fahrzeuge
(kreidleruntypisch mit stehendem Zylinder) einen Luftfilterkasten, der mit
leichten Abänderungen schnell in die KVV GS 50 montiert war. Die Fahrzeuge
liefen einwandfrei – und der Luftfilter hatte sogar seinen TÜV-Segen.
Nun konnten Fahrzeuge auch aus motortechnischer Sicht unbedenklich an die Kunden
ausgeliefert werden. Seitens des Fahrwerks waren sie sowieso eine Klasse für
sich.
Wie gesagt, es war bereits 1980 – eineinhalb Jahre
nach dem Start der GS 50 - und erst ein paar Exemplare waren bundesweit
ausgeliefert. Ab Mitte diesen Jahres rüsteten die deutschen
Kleinkraftrad-Hersteller Hercules, Zündapp und Kreidler auf
80ccm-Fahrzeuge um. Die Japaner drängten mit preisgünstigeren
Fahrzeugen auf den deutschen Markt. Das Kleinkraftrad war tot.
Dies wurde durch die Versicherungseinstufung der Fahrzeuge noch
dramatisch beschleunigt. Ein Leichtkraftrad wurde mit ca. 120 DM
(60 €) Prämie pro Jahr versichert. Das Kleinkraftrad
blieb bei den über 800 DM (400 €) pro Jahr. Freiheitsrabatt
war damals noch nicht. Steuerfrei waren beide.
Damit wurde auch die Kreidler-Van Veen unverkäuflich.
Bis Juli 1979 lieferten wir noch sechs GS 50-Fahrzeuge an die Kunden
aus. Dann war Schluß mit dem Kleinkraftrad. Die Kunden warteten
lieber auf die ab 1981 lieferbaren Leichtkrafträder. Als 50ccm-Fahrzeuge
waren nur noch Mofas und Mokicks abzusetzen.
Im Juni 1980 erreichte uns ein Schreiben der Firma
Kreidler-Van Veen Sport GmbH, das besagte, daß der „Alleinverkauf
unserer Sportfahrzeuge- einschließlich Ersatzteileverkauf,
Garantieabwicklung usw...“ ab sofort von den Kreidler Werken in
Kornwestheim übernommen werde. Dies sei aus organisatorischen
Gründen und wegen der besseren Händlerbetreuung. Die
Kreidler-Van Veen Sport GmbH setze ihre Prioritäten klar auf
die Fahrzeugentwicklung, -fertigung und deren Sporteinsätze.
Dieses Schreiben kam für uns einem Offenbarungseid
gleich. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, daß Kreidler
die Felle davonschwimmen sah. Man wollte finanziell retten, was
zu retten war und holte alles nach Kornwestheim. Dort wußte
man mit den Fahrzeugen und der ganzen Sparte gar nichts anzufangen.
Schon beim 1. Gespräch mit dem Kreidler-Außendienst
und den Federführenden in Technik und Vertrieb trat dies zu
Tage.
Bei den Schwaben wurde tapfer der Versuch unternommen,
die Fahrzeuge selbst zu vermarkten. Da die Stückzahl jedoch
für Kreidler-Verhältnisse minimal war, wußte niemand,
wie man damit umgehen sollte ohne noch mehr Verlust einzufahren.
Erschwerend kam hinzu, daß die Fahrzeuge über das Kreidler-Händlersystem
nicht absetzbar waren. Der Preis war hoch, die Stückzahl zu
gering und die Käuferschicht eines normalen Kreidler-Partners
war eine ganz andere. Außerdem hatten die wenigsten Händler
eine Ader für Motocross- und Geländesportaktivitäten.
Somit standen die Fahrzeuge
herum. Von einem GS-Modell mit 80 ccm war auch nicht mehr die Rede.
Die Firma Kreidler-Van Veen war ursprünglich zuversichtlich
auch eine 80ccm-Ausführung heraus zu bringen. Auf den Auslieferungsmeldekarten
waren GS50 und GS80 zur Auswahl. Wie diese 80er aussehen sollte,
und welchen Motor sie haben sollte, war scheinbar mehr als vage.
Der von Kreidler in Kornwestheim entwickelte Motor mit stehendem
Zylinder war mehr als ungeeignet. Der Rahmen hätte neu konstruiert
werden müssen und die Bodenfreiheit wäre drastisch reduziert
worden. Außerdem lief der neue Kreidlermotor rau und vibrierte
sehr stark. Rahmenbrüche als Vibrationsschäden waren
bei den Straßenfahrzeugen Kreidler Florett 80 und Mustang
80 an der Tagesordnung.
Und es gab sie doch – die Kreidler - Van
Veen GS 80
Der Zufall half nach.
Im Rahmen eines Gesprächs mit dem uns betreuenden Außendienst
von Suzuki Deutschland, nennen wir ihn mal BP, bei einem Gerstengetränk ................
Den vollständigen, verbesserten und erweiteren Text gibt es neben Weiterem jetzt im Buch
ISBN 978-3-944667-36-2
Wer noch ein Fahrzeug hat, kann sich gerne
bei BS motor melden.
Die letzte gebaute GS (neu) steht bei uns auf
dem Gelände in Neudorf im Harz.
Testbericht KVV GS 50 von Frank-Albert Illg
in der Zeitschrift Motorrad 3/1980 - eine Online-Stellung (Screen-pdf) an dieser Stelle scheitert leider an der Forderung der Zeitschrift Motorrad (375 € für die vier Seiten - Stand 10/2007).
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W. Schellhorn
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